Die Kuratoren haben es geschafft, das Thema differenziert aufzuarbeiten, es den Besuchern nicht zu leicht zu machen. Diese Ausstellung folgt keinen stereotypen Denkmustern in den Kategorien Opfer/Täter, vielmehr werden die komplexen Zusammenhänge benannt und die Bombardierung Hamburgs in ihren historischen Rahmen gefügt. Ob das "moral bombing" auf deutsche Großstädte ein legitimes Mittel zur Beendigung des von Nazideutschland entfachten totalen Krieges war, kann jeder Besucher für sich selbst überdenken.
Die Stärke der Ausstellung ist die unaufgeregte und doch berührende, gar packende Präsentation mit der ein komplexes Bild des Luftkrieges erstellt wird. Dabei herrscht Ausgewogenheit zwischen der exzellenten Textdidaktik, sinnvoll eingesetzten audio-visuellen Medien und den Originalexponaten.
Die Opfer der Bombardements bekommen ihren Raum. Alle Leidtragenden werden erwähnt und vorgestellt - auch Zwangsarbeiter, Juden und so viele andere, die Opfer im doppelten Sinne waren, erhielten sie doch kaum Zugang zu den bombensicheren Luftschutzräumen. Das Leid wird deutlich, ohne es inszenatorisch nachvollziehbar machen zu wollen. Die persönlichen Geschichten emotionalisieren – was an diesem Ort notwendig ist – ohne die Schicksale zu dramatisieren. Aber auch der Kontext der Angriffe aus der Luft wird durch die Darstellung des zeitgeschichtlichen Rahmens deutlich. An keiner Stelle werden Zahlenspiele ausgetragen bzw. das Leid verschiedener Gruppen gegeneinander aufgewogen.
Die Ausstellungsmacher beweisen Gespür und fanden eine feine Balance zwischen Gedenk- und Informationsort. Hier werden Spuren der Geschichte vor Ort sichtbar und darüber hinaus in ihren historischen Kontext gestellt, analysiert und gedeutet.
Literatur der Nachkriegszeit zum Bombenkrieg |
- Lieblingsexponat? – Die persönlichen Gegenstände mit ihren berührenden Geschichten.
- Nachmachen! – Ein Thema unaufgeregt, ruhig und doch emotionalisierend, komplex und differenziert darstellen. Abgerundet wird der Ausstellungsrundgang mit einer Kiste voll Nachkriegsliteratur, die die kontroverse und politisierte Rezeption des Luftkrieges vor Augen führt.
- Wie hinkommen? Als Highlight des hamburgischen Tourismus mit den Öffentlichen nicht zu verfehlen.
- Charme? – Ein Ort, der die angebrachte Stimmung erzeugt und dennoch nicht verstört sondern zum Nachdenken anregt.
- Jahreskarte oder Tagesticket? – Für häufigere Besuche ist das Museum etwas zu klein. Im Ticketpreis ist jedoch eine Fahrt mit dem Aufzug zur Aussichtsplattform auf den Kirchturm von St. Nikolai eingeschlossen.
- Was gibt’s noch? – Für Insidertipps ist mir Hamburg zu fremd. Ein weiteres lohnendes Museum ist das Museum für Kunst und Gewerbe, direkt am Hauptbahnhof.
Eingangsbereich der Ausstellung mit
Objekten zur Geschichte der Kirche St. Nikolai
Die Textgrafiken wirken ansprechend und modern |
Vitrine mit Objekten zum Thema "Verdunklung" |
Schutzraumgepäck in einer der Vitrinen mit persönlichen Gegenständen |
Aussicht von der Besucherplattform auf dem Kirchturm von St. Nikolai |
Blick von St. Nikolai auf das Hamburger Rathaus |
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