03.01.2015

Krippen | Bayerisches Nationalmuseum München

Beim Betreten des Bayerischen Nationalmuseums herrscht andächtige Stille. Doch obwohl die große Eingangshalle leer wirkt, ist sie nicht verlassen: Die Mitarbeiterinnen an der Kasse und an der Garderobe empfangen mich mit einem freundlichen Lächeln und erweisen sich als gesprächig – sowohl mir gegenüber als auch untereinander, wenn eifrig Hausmannskostrezepte ausgetauscht werden. Irgendwie muss ich an eine italienische Kirche denken, die nur noch als Touristenattraktion dient. Apropos Kirche: erste Spuren des Sakralen finden sich bereits an der Eingangstür in Form des in Kreide aufgetragenen Segensspruches „20 C+M+B 14“ – interessant, dass sich das Museum ansonsten dem Volkskundlichen eher entsagt und sich auf die „hohen Künste“ fokussiert. Aber kommen wir zum eigentlichen Grund meines Besuches, der im Kellergewölbe liegt: die berühmte Krippensammlung...
Kastenkrippe um 1780
Im ersten Raum warten die Vorgänger der Krippe wie wir sie heute kennen: Altargemälde- und Reliefs mit den Heiligen Drei Königen und/oder der Stallszene um Maria, Josef, Jesus, Ochs und Esel vom 15. bis 17. Jahrhundert; Bethlehem und Kastenkrippen, d.h. festgefügte kleinformatige Kompositionen zu Themen der Weihnachtsgeschichte; sowie aus Wachs oder Ton geformte Jesuskinder, die jungen Mädchen bei ihrem Eintritt ins Kloster als „Trösterlein“ dienten. Bereits diese frühen Exponate sind sowohl in ihrer Materialität als auch künstlerischen Ausarbeitung beeindruckend.
Zug der Hl. Drei Könige
Aber erst im darauffolgenden Bereich beginnt die wirkliche Attraktion: Eingelassen in den Seitengewölben der niemals enden wollenden Katakomben sind die Krippen des Kommerzienrats Max Schmederer ausgestellt, die er nach seinem Tode 1917 dem Museum vermachte. Er sammelte wertvollste Ensembles aus Bayern, Tirol, Neapel und Sizilien.
Verkündigung an Maria
Gigantische, aufwendig inszenierte Dioramen verschiedener Episoden der Weihnachtsgeschichte sind im Dunkel des Gewölbekellers zu bestaunen. Gestik, Körperhaltung, Gesichtszüge und Kleidung der Figuren (vor allem der Neapolitanischen) wirken so realistisch, dass man zweifelsohne von „eingefrorenem Theater“ sprechen kann. Hier entspricht die Qualität der Quantität.
Auch wenn die Beschriftungen der Exponate nach dem Äußeren zu urteilen vermutlich seit über 30 Jahren nicht ausgetauscht wurden, sind sie sehr gelungen: lesefreundlicher maximaler Informationsgehalt auf kleinem Raum. Ich denke, es wird auch in weiteren 30 Jahren niemand stören, wenn in diesem Ausstellungsbereich alles beim Alten bleibt.

  • Lieblingsexponat? – "Hl. Nacht mit Anbetung der Engel" und "Herbergssuche"
  • Nachmachen! – Kurze kluge und informative Objektbeschriftungen und Bereichstexte
  • Was stört? – nicht unbedingt störend, aber es wäre erfreulich, wenn Landesmuseen die Möglichkeit hätten oder wahrnehmen würden, sich an aktuelle gesellschaftliche Themen heranzuwagen
  • Wie hinkommen? – Vom Hbf. direkt mit der Straßenbahn 
  • Charme? – Ein möglicher Schauplatz für „Nachts im Museum 4“
  • Jahreskarte oder Tagesticket? – Achtung: Die Krippenausstellung ist jedes Jahr „nur“ von November bis Februar geöffnet. Gerade um die Weihnachtszeit lohnt sich ein Besuch, aber einmal reicht. 
  • Was gibt´s noch? – ein gutes (und authentisches) Koreanisches Restaurant namens „Arisu“ unweit vom Museum 

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